WachSein

In letzter Zeit hatte ich immer wieder das Gefühl,

mein Leben doch mal etwas Revue passieren lassen zu wollen.

Nein. Nicht, weil meine Zeit auf dieser

Erde sich dem Ende zuneigen würde.

Es ist vielmehr so,

daß ich während meiner Meditationen und meiner Träume

einen für mich neuen Blickwinkel auf meinen "Werdegang" bekam.

Es war und ist wirklich sehr spannend, zu schauen,

was war und was ist.

Und natürlich tun sich damit einhergehend Fragen auf.

Fragen wie zum Beispiel

"Wieso ist dieses so gekommen?"

oder

"Warum ging/geht es mir in jener Situation nicht gut?" 

Ich begann damit,

mich als stiller und neutraler Beobachter zu betrachten.

Mein Leben anzuschauen.

Nachvollziehen wollte ich die Entscheidungen

und Handlungen in meinem Leben eigentlich nicht.

Denn dann hätte ich meinen Verstand einschalten müssen.

Und genau das wollte ich nicht tun.

Er sollte außen vor bleiben,

damit ich in der Rolle des neutralen Beobachters verweilen konnte.

Zunächst konzentrierten sich meine Beobachtungen

auf die Zeit seit meinem spirituellen Erwachen.

Sehr vieles hat sich in meinem Leben seitdem getan und verändert.

Und nicht jede Veränderung habe ich als angenehm empfunden.

Ich fragte mich immer wieder,

wieso sich viele Freunde und Familienmitglieder von mir abwandten.

Hielten sie mich für einen Spinner, weil ich plötzlich so viel von Engeln,

Geistwesen, Gottes Liebe und ähnlichen Dingen schwadronierte?

War ich durch meine Körperbehinderung nicht mehr der starke,

durchsetzungsfähige Mann, der sich jedem Sturm entgegenstellte?


Das Problem für mich war,

daß sich aus einer Frage bereits die nächste ergab,

ohne daß ich Antworten erhielt.

Also dehnte ich den Beobachtungszeitrahmen

auf mein ganzes Leben aus.

Ich stand nun auf diesem Parplatz,

an dem eine einsame Straße vorbei führte.

Auf dieser Straße zogen viele Situationen aus meinem

Leben an dem stillen Beobachter,

der ich jetzt sein durfte, vorüber.

Es tut sehr gut,

sich selbst völlig neutral betrachten zu können.

Wie oft habe ich mich in den letzten Jahren gefragt,

ob sich mein Leben nicht in eine wesentlich

entspanntere Richtung entwickelt hätte,

hätte ich in bestimmten Momenten oder Situationen

andere Entscheidungen getroffen.

Warum habe ich mich in der Vergangenheit von anderen

Menschen zu bestimmten Entscheidungen überreden lassen?

Entscheidungen, die ich heute ganz bestimmt

anders treffen würde natürlich.

Ich muß jetzt gerade in diesem Moment etwas schmunzeln,

wenn ich darüber nachdenke.

Seit knapp drei Jahren lebe ich

mein Leben nun in einem spirituellen WachSein.

Dachte ich zumindest bis vor kurzem.

Zwar begann ich 2010 mein Leben mit

meiner bewußten Spiritualität zu bereichern,

doch ich befand mich nicht im WachSein.

Stattdessen zog ich viele

(oder vielleicht manchmal sogar fast alle)

meiner Entscheidungen in Zweifel.

Entscheidungen vor 2010.

Aber vor allem die Entscheidungen seit 2010.

Warum?

Gute Frage, oder?

Doch macht es keinen Sinn,

dieser Frage hinterherzuhecheln in dem Bestreben,

eine zufriedenstellende Antwort zu erhalten.

Zu dieser Erkenntnis bin ich auf dem Parkplatz gekommen,

der mir als Beobachtungsposten dient.

Durch meine neutrale Rolle als Beobachter

ist es mir heute möglich,

auch wirklich zu sehen.

Zu sehen ohne mit dem Verstand verstehen zu wollen,

sondern mit dem Herzen zu verstehen.    

Immer mehr begreife ich,

daß mein spiritueller Weg nicht erst 2010 begonnen hat.

Er begann bereits viel früher.

In diesem Leben bereits am Tage meiner Geburt.

Und wenn ich auf wertende Weise

mein bisheriges Leben betrachte,

ja dann hätte ich mir so manche Schwierigkeiten

und jede Menge Streß ersparen können, dürfte man meinen.

Richtig?

Doch wenn ich mit dem Herzen

verstehe und auch vertrauen kann,

bin ich in der Lage zu erfassen,

daß ich niemals verkehrte Entscheidungen getroffen habe.

Jede Entscheidung, die ich bislang traf, war richtig.

Richtig für mich. Richtig für mein Wachstum.

Mein spiritueller Weg ist vergleichbar mit einem Lernprozeß.

Ja, ich hatte viel zu lernen.

Und ich habe noch immer viel zu lernen.

Doch mittlerweile tue ich es sehr gerne.

Ich genieße es, ein Lernender zu sein.

Jeden Tag etwas neues zu lernen

und mich dadurch weiterzuentwickeln.

Und genauso verhält es sich mit meiner

unmittelbaren sowie meiner mittelbaren Vergangenheit.

Nicht jedes Ergebnis meiner Entscheidungen war

oder ist angenehm und fabelhaft.

Aber jedes Ergebnis hat mich vor eine nächste Entscheidung gestellt,

was das Leben einfach nur interessant und spannend macht.

Daher gibt es für mich keinen Grund mehr,

an mir selbst und meinen getroffenen Entscheidungen zu zweifeln.

Mein Leben ist schön.

Wenn ich es zulasse.

Von Ionel, 16. Februar 2013

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