Auf einem Parkplatz

am Rande der Straße

Eine Landstraße in einer ländlichen, einsamen Gegend.

Kein Haus in der Nähe.

Und überhaupt ist keine Menschenseele auszumachen.

Ich stehe auf einem Parkplatz.

Und ich bin allein.

Allein mit meinen Gedanken.

Allein mit meinen Erinnerungen.

Und allein mit meinen Gefühlen.

Niemand stört den Frieden, den ich gerade empfinde.

Es ist ein schönes Gefühl.

Diese, wie es die meisten Menschen

wohl nennen würden, Selbstreflexion.

Keiner ist da, der versucht,

mir irgendetwas einzureden.

Weder, um etwas, was ich in der

Vergangenheit getan habe, schlechtzumachen,

noch es schönzureden.

Ich kann mich ganz auf diese Landstraße konzentrieren.

Und auf die Autos, die auf ihr an mir vorbeirauschen.

In diesen Autos sitzen Menschen.

Menschen, die mit meinem Leben,

diesem Leben, zu tun haben

oder einmal zu tun hatten.

Und bei jedem Menschen, der an dem Parkplatz,

auf dem ich stehe, vorbeifährt,

kommen Gedanken hoch.

Gedanken, die geprägt sind von zum

Teil sehr unterschiedlichen Emotionen.

Liebe fährt an mir vorbei.

Freude. Heiterkeit.

Wut. Fehler.

Unwissenheit. Wissen.

Gerechtigkeit. Ungerechtigkeit.

Und doch frage ich mich,

ob ich bisher ein guter Mensch gewesen bin.

Habe ich mich jedem Menschen,

der gerade an mir in seinem Auto vorbeifährt,

so liebevoll gegenüber verhalten,

wie er es verdient gehabt hätte?

Ich kann mir diese Frage völlig

ungestört durch den Kopf gehen lassen.

Doch komme ich zu keinem Ergebnis.

Immer, wenn ich glaube, in einer meiner

vielen Fragen zu einem Ergebnis gekommen zu sein,

muß ich feststellen, daß es unmöglich für mich ist,

dieses Ziel zu erreichen.  

Ich bewerte mein Leben.

Und ich bewerte die Menschen in ihren Autos.

Welchem von ihnen habe ich wehgetan?

Welcher von ihnen hat mich verletzt?

Wieviele von diesen Menschen habe ich von mir weggestoßen,

weil ich mich von ihnen überfordert fühlte?

Ja. Der Aufenthalt auf diesem Parplatz

wirft mehr Fragen auf, als daß er welche beantwortet.

Das klingt kompliziert und ist es auch. 

Doch eigentlich ist alles ganz einfach.

Ich höre auf zu werten. Mich und die anderen.

Ich halte jedes Auto an und bitte

die darin sitzende Seele, auszusteigen.

Danach nehme ich sie liebevoll in meine Arme und vergebe.

Der anderen Seele und mir selbst.

Die Vergebung ebnet dann den Weg

zur Erkenntnis, aus jeder Begegnung,

die ich bisher gemacht habe, lernen zu dürfen.

Und somit weiß ich, daß diese einsame

Landstraße zu meiner inneren Mitte führt.

Zu meinem persönlichen Frieden. 

Ionel am 15. Mai 2013

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